Anlässlich des 30. Jahrestages der Katastrophe von Tschernobyl zeigte das International Uranium Film Festival (IUFF) ein Special Screening im Kino in der KulturBrauerei in Berlin. Dabei wurden die Filme „Seven Years of Winter (Sieben Jahre Winter)“ (Marcus Schwenzel) [Trailer], „Kaffeepause“ (Marko Kattilakoski) und „30 Jahre Tschernobyl – Die verdrängte Katastrophe“ (Ranga Yogeshwar) [Film] gezeigt.
Vor dem Hintergrund der eindrucksvollen Filme fand anschließend ein Filmgespräch statt, an dem Klaus Mindrup (MdB), Prof. Dr. Manfred Mohr (ICBUW Deutschland), Ranga Yogeshwar (Protagonist „30 Jahre Tschernobyl – Die verdrängte Katastrophe“), Marcus Schwenzel (Regisseur/Produzent „Seven Years of Winter“), Yu Kajikawa (Sayonara Nukes Berlin), so wie Heiner Bücker (Coop Anti-Kriegs-Café Berlin) teilnahmen.
Prof. Manfred Mohr wies dabei auf den Spezial Appeal des World Nuclear Victims Forum (WNVF) hin und die nach wie vor große Notwendigkeit, Atomkatastrophen aufzuarbeiten. Statt auf die Bedürfnisse der Opfer angemessen einzugehen, begnügen sich Regierungen meist damit, die zulässigen Messwerte einfach abzusenken. So entstehe eine Mauer der Ignoranz und des Wegdrückens. Um gegen diese Praxis vorzugehen, müssen (auch) Rechtsmittel eingesetzt werden, sowohl auf der Ebene des nationalen Rechts, wie auch des Völkerrechts, bzw. auf der Ebene des internationalen Menschenrechtsschutzes, u.a. in UNO-Gremien. Hierüber sollten verstärkt Austausch und Koordination gepflegt werden (etwa hinsichtlich der verwandten juristischen Argumente und Verfahrenstaktiken); schließlich sind die Verfahren (z.B. in Gestallt von Sammelklagen) mit nicht unerheblichen Kosten Verbunden.
Ranga Yogeshwar, Physiker und Wirtschaftsjournalist, merkte an, dass die Aufarbeitung der Atomkatastrophe von Tschernobyl bei der ukrainischen Regierung leider nicht mehr höchste Priorität genieße und das Know-How für die alten Reaktoren verloren geht. Durch den Willen, zur Normalität zurückzukehren, werde die Katastrophe verdrängt. So gibt es einige EU-Finanzierte Projekte zum Abbau von Tschernobyl, die trotz großer Investitionen vor Ort stillstehen.
Ähnlich riskant sieht Klaus Mindrup, MdB, diesen Know-How-Verlust bei gleichzeitiger Laufzeitverlängerung und stellt eine Anfrage an die Regierung oder den betreffenden Ausschuss bezüglich der von EU-Geldern finanzierten stillstehenden Projekte in Tschernobyl in Aussicht.
Vor dem Hintergrund all dieser Problematiken diagnostizierte Filmemacher Marcus Schwenzel folgerichtig das Unverständnis dafür, das trotz der Erfahrung des Totalverlustes gegenüber der unbeherrschbaren Atomkraft weltweit weitere Atomkraftwerke gebaut werden.
In jedem Fall waren die beiden – insgesamt gut besuchten – Screenings (zu Tschernobyl und zu Fuskushima) eine gute, gelungene Einstimmung auf das eigentliche Uranium Film Festival, das an gleicher Stelle vom 28.9. – 2.10.2016 stattfinden wird.